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Abb. 1 Nötsch im Gailtal - Förk. Helm Nr. 4. 194 DER WAFFENFUND VON FÖRK IN KÄRNTEN Markus Egg Der Waffenfund von Förk durchlief eine recht abenteuerliche Fundgeschichte, bis er schließlich in die Hände der Wissenschaft gelangte. Er wurde 1989 unautorisiert von Sondengängern entdeckt und geriet in die Fänge des Kunsthandels. Dank der engen Zusammenarbeit des Bundesdenkmalamtes in Klagenfurt, des Landesmuseums für Kärnten in Klagenfurt und des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz gelang es trotz aller Vernebelungsaktionen, den Fundort am Fuße des Burghügels der Burg Frauenstein/Falkenstein oberhalb der Ortschaft Förk, Gemeinde Nötsch im Gailtal in Kärnten, präzise zu ermitteln und die Auffindungsgeschichte zu rekonstruieren. Bei Nachgrabungen an der Fundstelle konnten weitere Fragmente des Waffenfundes, die sich an Teile aus dem Kunsthandel anfügten, entdeckt werden, womit die Herkunftsfrage gelöst war. Verknüpft man alle Informationen zur Auffindungsgeschichte, kann man festhalten, dass der Fund von Förk einst 14 Eisenhelme – der Verbleib von zwei Helmen ist unbekannt –, zehn Latèneschwerter zumeist in Eisenblechscheiden, viele Schwertknaufnieten, zwei Schwertketten, zwölf Lanzenspitzen, einen Schildbuckel, mehrere Schildrandbeschläge und mehrere Fibeln umfasste. Die meisten Objekte datieren in die Stufe Latène B2, was mit dem 3. vorchristlichen Jahrhundert gleichzusetzen sein dürfte. Die Analyse der Helme aus Förk ergab, dass sie sehr wahrscheinlich im Zuge von mehreren militärischen Aktionen erbeutet worden waren. Zu einem Teil scheinen die Gegner, denen man die Waffen abnahm, aus dem Bereich des heutigen Tirol zu stammen: Etwa die Hälfte der Helme gehört einer Variante der Eisenhelme mit angenietetem Nackenschutz und Scheitelknauf an, die – wie berechtigt abgenommen werden kann – in Tirol getragen und hergestellt wurde. Die Exemplare mit hohlen Knäufen weisen sogar auf Nordtirol als Herkunftsgebiet hin. Die pilumartigen Lanzenspitzen und die Fibelfragmente zeigen in die gleiche Richtung. Das Pustertal und das obere Drautal bilden eine quer über die Ostal- pen ziehende Verbindung, über die der Südostalpenraum von Alttirol aus, ohne hohe Pässe etc. überwinden zu müssen, leicht zu erreichen ist. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der bedauerlicherweise noch nicht veröffentlichte Brandopferplatz von Wartau-Ochsenberg im Alpenrheintal, der eine recht stattliche Anzahl von Bruchstücken slowenischer Negauer Helme enthielt. Aus Slowenien bzw. dem angrenzenden Istrien liegen zwei alpine Negauer Helme tirolischer Herkunft vor. Sie zeigen, dass die Diagonalbeziehungen über die Ostalpen hinweg keine Einbahnstraße waren. Dass es solche Beziehungen zwischen dem Südostalpenraum und dem zentralen Alpengebiet gab, ist seit Langem bekannt und lässt sich am Beispiel der Verbreitung der alpinen Tierkopffibeln leicht illustrieren. Bislang war man jedoch davon ausgegangen, dass es sich dabei um die Spuren eines friedlichen Gütertausches handelt. Der Waffenfund von Förk und auch der Brandopferplatz von Wartau-Ochsenberg weisen aber auf militärische Konflikte zwischen beiden Regionen hin. Offen bleibt, wer der Angreifer und wer der Verteidiger war: In den antiken Quellen wird den Rätern, die im mittleren Alpenbogen ansässig waren, ein räuberisches und aggressives Verhalten nachgesagt. Auch wenn das zumindest zum Teil römische Propaganda gewesen sein mag, kann dieser Bemerkung bei Strabo durchaus ein gewisser wahrer Kern innegewohnt haben. Bergbewohner neigen aufgrund ihrer durch die karge Landschaft bedingten Armut gegenüber angrenzenden „reichen“ Flachlandbewohnern zu Übergriffen. Andrerseits zeigen die vielen latènezeitlichen Waffengräber aus Dolenjska/Unterkrain im Südostalpenraum, dass man auch dort Kriegswesen pflegte. Im Fall des Fundes Förk waren die Krieger aus Alttirol die Verlierer dieses Konflikts, deren Waffen anschließend auf dem Falkenberg/Frauenberg über Förk geweiht wurden. Die andere Hälfte der Helme aus dem Förker Waffenfund dürfte südostalpiner Herkunft sein, sie gelangte wahrscheinlich im Zusammenhang mit lokalen Auseinandersetzungen innerhalb des Südostalpenraumes in den Weihefund von 195 Abb. 2 Nötsch im Gailtal - Förk. Sammelbild des Waffenfundes. Förk. Betrachtet man die Waffenweihungen in Griechenland – etwa in Olympia – näher, so wurde der größte Teil an Waffen als Folge von innergriechischen Auseinandersetzungen geweiht. Daneben erscheinen auch Waffen fremder Völker, die auf externe Konflikte hinweisen. Die erbeuteten Waffen setzte man sehr wahrscheinlich auf einem Brandopferplatz in der Nähe von Förk dem Feuer aus, wodurch die graue Brandpatina entstand. Anschließend wurden die Waffen nicht einfach auf einer Deponie des Heiligtums niedergelegt, sondern wie ein Depotfund vergraben – möglicherweise erst später, vielleicht im Zuge einer Umgestaltung des Heiligtums. Diese besondere Art der Deponierung steht wahrscheinlich mit dem hohen Materialwert der Waffen in Verbindung. Mit dem Vergraben versuchte man, eine profane Verwendung der geweihten Objekte zu 196 verhindern. Es wäre naheliegend zu vermuten, dass die Opferung des Förker Waffenfundes auf einem Brandopferplatz geschah. Allerdings ist der Standort des Brandopferplatzes unbekannt. Es gilt auch festzuhalten, dass bislang in ganz Kärnten kein einziger Brandopferplatz sicher nachgewiesen werden konnte und das, obwohl Paul Gleirscher, einer der führenden Kenner der Brandopfersitte, seit Jahren in Kärnten tätig ist. Brandopferplätze konzentrieren sich in Alttirol, Salzburg, Vorarlberg, Bayern und der Ostschweiz. Damit bleibt Kärnten ohne Brandopferplatz, was die Deutung des Förker Waffenfundes nicht erleichtert. Literatur: Della Casa/Primas/Schindler et al. 1999. – Egg 1986a. – Egg 1990. – Fuchs 1991. – Gleirscher 2007a. – Gleirscher/Nothdurfter/Schubert 2002.